Arassyani

Klassifizierung:Fictional Language
Conlangerin:Eleonore Laubenstein
Entstehungsjahr:2009, 2017 (Entstehung Bachelorarbeit)
Einflüsse:Sanskrit, Irisch
Verwendung:in noch unveröffentlichten Projekten
Sprachraum:Akroben, Worodin
Sprecher*innen:Arassyeri, Ghardrieli, Worodi
Schriftsystem:Latein
Bekannte Wörter:ca. 500

Sprachraum

Akroben ist ein großes Königreich, das im Osten an Ardonien und im Süden an Worodin angrenzt. Es besteht aus ca. 35 Millionen Einwohnern, die zu zwei verschiedenen Völkergruppen gehören, zum einen die Ghardrielis und zum anderen die Arassyeri (Eigenbezeichnung, der Name bedeutet in etwa „All-Volk“). Ihre Städte befinden sich beinahe ausschließlich in Wäldern oder Gebirgen. Nur wenige Arassyeri innerhalb Akrobens leben in ghardrielischen Siedlungen.

Bradya ekador máyanka …

„Bradya schütze dich …“

Kultur

Die arassyanische Bevölkerung teilt sich, grob gesehen, in fünf Clans, die über Akroben und Worodin verteilt sind, die Gamyanoy, Melandiroy, Mayranoi, Chaunanoy und Daulenoy. Sie werden vom dem:der Tairen (wörtl. „Waffenschmied“) regiert. Der:die Tairen hat vollständige Autorität über alle in Akroben lebenden Arassyeri und seine:ihre Gesetze stehen über denen der Clanführer:innen.

Die Arassyeri haben eine Lebenserwartung von 150 bis 200 Jahren. Trotz fast zweitausend Jahren Sprachkontakt mit den Ghardrielis haben sie nicht ihre ursprüngliche Sprache verloren. Tatsächlich sprechen die wenigsten von ihnen eine andere Sprache. Am akrobischen Hof, der dem:der Tairen übergeordnet ist, wird ebenfalls nur Arassyani gesprochen.

Arassyeri sind streng religiös und haben eine Vielzahl an Gottheiten, die ihrer Legende zufolge von einer einzelnen Gottheit abstammen und für verschiedene Dinge zuständig sind. In der arassyanischen Kultur gibt es viele Rituale, bei denen u.a. der Segen einzelner Gottheiten erbeten wird, z.B. vor einem einfachen Kampf, einem Krieg, an Hochzeiten, Geburtstagen und Geburten, Beerdigungen und zur Begrüßung.

… lay séywammeka Turmani.

„… und Turmani erhalte dein Leben!“

Sprachgeschichte

Die Zahl der heutigen, gesprochenen Dialekte und verwandten Sprachen des Modernen Arassyani stammen alle vom Arassyeri ab, das die ersten Siedler:innen in Akroben sprachen.

Mit der Ankunft der Ghardrielis und dem daraus resultierenden Sprachkontakt kam der Wandel vom Arassyeri zum Altarassyani. Hier findet eine erste Lautverschiebung statt, die allerdings nur die Plosive betrifft: Die stimmlosen, behauchten Plosive gehen verloren. Zeitgleich gibt es eine Diphtongisierung, die jedoch nur im Norden stattfindet, während im Süden einige Regionen weiterhin die alten Langvokale oder Zentralvokale aufweisen. Der vermutlich größte Wandel jedoch ist der Verlust des morphologischen Tons in allen Dialekten, der Nomen von Adjektiven unterscheidet. Das tiefarassyanische Gebirgsarassyani ist bis heute der einzige Dialekt mit einem vollständig intakten Tonsystem.

Eine zweite, große Lautverschiebung, durch die u.a. alle behauchten Plosive außer bh verloren gehen, kennzeichnet schließlich den Übergang vom Altarassyani zum Modernen Arassyani.

Aufgrund der Verteilung auf Wälder und Gebirge ist der Sprachkontakt zwischen den einzelnen Varietäten kaum bis gar nicht mehr vorhanden.

Vay Lutarnur dóronmæ …

„Möge Lutar mit dir gehen …“

Besonderheiten

Diese Conlang entstand erstmalig 2009 im Rahmen eines Hobby-Filmprojekts, das ich mit einigen Schulfreundinnen entwickelte.

2017 habe ich die Sprache komplett überarbeitet und unter dem Titel „Skizze einer Grammatik des Arassyani“ als Bachelorarbeit bei Prof. Dr. Gereon Müller eingereicht. Die Arbeit umfasste ca. 170 Seiten und wurde mit der Note 1,5 bewertet.

Eine der Anforderungen, die an meine Conlang gestellt wurde, war, dass es eine „unmögliche Sprache“ werden musste. Genauer gesagt, sollte sie gegen so viele Sprachuniversalien, also universal gültige Sprachregeln, wie möglich verstoßen, um zu sehen, wie eine solche Sprache funktioniert.

Im Folgenden sind einige Beispiele gelistet, die das Arassyani auszeichnen und es zu einer unmöglichen Sprache machen.

Morphologie

Viertes Genus im Plural: Arassyani hat – wie das Deutsche – drei Genera: Maskulin, Feminin, Neutrum. Diese Genera können sowohl im Singular, der Einzahl, als auch im Plural, der Mehrzahl auftreten:

Der Mond, die Monde ― die Straße, die Straßen ― das Haus, die Häuser. 

Zusätzlich dazu gibt es für maskuline und feminine Nomen eine gemischte Pluralform, die sowohl Maskulina als auch Feminina zusammenfügt. Das funktioniert aber nur bei Nomen, die sich auf belebte Entitäten (Menschen, Tiere, Kreaturen, Gottheiten, …) beziehen:

sirya „Schwester“ - siryaya „Schwestern“ ― sire „Bruder“ - sirey „Brüder“ ― siroy „Geschwister“
renda „Freundin“ - rendaya „Freundinnen“ ― rendis „Freund“ - rendisi „Freunde“ ― rendoy „Freund*innen“

Dadurch gibt es im Arassyani drei Singularformen und vier Pluralformen. Dies verstößt gegen die Greenbergsche Universalie 37 nach der eine Sprache niemals mehr Genera im Plural hat als im Singular und ist somit ein Merkmal, das Arassyani zu einer unmöglichen Sprache macht.

ABA-Muster bei Adjektiv-Steigerung: Adjektive können gesteigert werden. Es gibt in den Sprachen der Welt drei Muster, nach denen Adjektive gesteigert werden. Beim AAA-Muster bleibt der Wortstamm in allen drei Formen (Positiv, Komparativ, Superlativ) identisch.

schön, schöner, am schönsten

Beim ABB-Muster unterscheidet sich der Positiv von der Form des Komparativs und Superlativs.

gut, besser, am besten

Und schließlich gibt es das ABC-Muster, bei dem alle Formen unterschiedlich sind, wie in diesem lateinischen Beispiel:

bonus, melior, optimus

Es gibt jedoch keine natürliche Sprache auf der Welt, in der Adjektive nach einem AAC-Muster oder einem ABA-Muster gebildet werden:

*AAC: gut, guter, am besten
*ABA: gut, besser, am gutesten

Fürs Arassyani habe ich aber bewusst das ABA-Muster gewählt, um der Sprache auch hier eine unmögliche Eigenschaft zu geben.

brath „dunkel“, omashu „dunkler“, tebrath „am dunkelsten“
Syntax

Eine Besonderheit auf Satzebene ist die komplette Spiegelbarkeit der Wortreihenfolge.

Im Arassyani ist es möglich, sowohl einen Satz der Reihenfolge Subjekt, Objekt, Verb zu haben, wie auch einen Satz in der umgekehrten Reihenfolge Verb, Objekt, Subjekt. Im SOV-Satz gehen Artikel und Adjektive den Nomen voran, im VOS-Satz folgen sie dem Nomen, auf das sie sich beziehen.

SOV
Beranaf shassur rularta doronak. ― „Beran geht zum gelben Haus.“ (wörtl. Beran zum honigfarbenen Haus geht)
VOS
Doronak rularta shassur Beranaf. ― „Beran geht zum gelben Haus.“ (wörtl. geht zum Haus honigfarbenen Beran)

… lay máyaremmæka Thelven!

„… und Thelven dich segnen!“

Quellen
Bobaljik, Jonathan. 2007. On comparative suppletion. Minnesota, University of Connecticut.
Greenberg, Joseph H. 1963. Some universals of grammar with particular reference to the order of meaningful elements. In: Joseph H. Greenberg (ed.) Universals of language, 73-113. London: MIT Press.